Eine VA der DIG AG HEILBRONN
Syrien, Türkei und Israel: Konfliktpotentiale hinter den Kulissen
Referent: Eren Güvercin
Die Beziehungen zwischen der Türkei und dem Staat Israel sind seit dem 7. Oktober 2023 auf einem Tiefpunkt angelangt: Als im Februar 2023 ein verheerendes Erdbeben einige Regionen der Türkei heimgesucht hatte, gehörte Israel zu den ersten Staaten, die zügig Hilfe leisteten: Bereits in der ersten Nacht nach der Katastrophe entsandte der Staat Israel Bergungsgeräte, Hilfsgüter und Spürhunde zusammen mit 150 Soldatinnen und Soldaten der IDF in das Krisengebiet.
Seit dem Verteidigungskrieg Israels gegen die Terrororganisationen Hamas, Jihad Islami, Hizbollah, sowie die Houthi-Milizen ist diese Art selbstverständlicher bilateraler Hilfe zwischen Jerusalem und Ankara Geschichte. Mitte der letzten Woche brachen heftige Waldbrände in Zentralisrael aus. Unterstützung erhielt der jüdische Staat aus Griechenland, Zypern, Rumänien, Bulgarien und Kroatien – nicht aus der Türkei.
Der türkische Staatspräsident stellte sich nach dem genozidalen Massaker der Hamas, das am 7. Oktober 2023 den Südwesten Israels verwüstete, auf die Seite der Kombattanten der Terrororganisationen, die er als „Freiheitskämpfer“ titulierte. Was auch immer Staatspräsident Erdogan unter „Freiheit“ verstehen mag: Dass er Repräsentanten der Hamas mehrfach in Ankara empfing, sowie gestattete, dass die Hamas ein Verbindungsbüro in der Türkei etablierte, wirft ein düsteres Licht auf den NATO-Partner Türkei. Die Türkei – einst beliebtes Ziel zahlloser israelischer Touristen – wurde für Israelis zur NO-GO-Zone. Ihre Sicherheit ist nicht gewährleistet.
Verschärfend kommt hinzu, dass die Türkei und Israel in Syrien – geographisch zwischen beiden Staaten liegend – um Einfluss bzw. Sicherheitsgarantien konkurrieren. Israel schützt sich durch Truppenpräsenzen in der Grenzregion gegen Infiltrationen jihadistischer Terroristen, während die Türkei im Norden Syriens ihren Einfluss geltend macht und die islamistischen Machthaber in Damaskus – seit Dezember 2024 die Miliz Hajat Tahrir al-Scham unter Abu Muhammad al-Dscholani, einem früheren Kommandanten der Al-Quaida – massiv unterstützt.
Der Referent unserer Veranstaltung, Eren Güvercin, praktizierender sunnitischer Moslem, wird diese Entwicklungen analysieren und ihre Implikationen im Diskurs kritisch erörtern. Zur Sprache gebracht werden soll nicht zuletzt auch der durchaus prekäre Sachverhalt, dass einige Funktionäre islamischer Verbände in der Bundesrepublik – DITIB und Milli Görüs – ihre Gemeindemitglieder zwar wohl aufgerufen haben, von antiisraelischen Demonstrationen fernzubleiben, dieser Aufruf aber wohl vor allem deshalb erfolgte, um die Kooperation mit deutschen Institutionen, etwa im Bildungsbereich, nicht zu gefährden.
Eren Güvercin ist Gründungs- und Beiratsmitglied der islamischen Alhambra-Gesellschaft, die sich wie die DIG für Völkerverständigung, Pluralismus und Toleranz engagiert. Seine familiären Wurzeln liegen in der türkischen Schwarzmeer-Region, sich selbst bezeichnet er als typisches „türkisches Gastarbeiterkind“. Güvercin ist Verfasser mehrerer einschlägiger Werke und arbeitet als freier Journalist für Medien wie die „Welt“, „ntv“, „Neue Züricher Zeitung“ u.a. Er engagiert sich als stv. Bundesvorsitzender bei der „Liberalen Vielfalt“, einer Plattform für gesellschaftliche Integration und Empowerment für Bürger mit Migrationshintergrund.
Sie sind herzlich zu Vortrag und Diskussion eingeladen.