Bei einer Gesellschaft, in der Terrororganisationen eine gesellschaftliche Basis haben, ist bei der Vergabe von humanitärer Hilfe und erst recht bei Entwicklungshilfe größte Sorgfalt geboten. Diese wurde von der Bundesrepublik Deutschland bei Zahlungen im Nahen Osten in den letzten Jahrzehnten nicht immer an den Tag gelegt:
• Finanzierung von Dual-use-Gütern ohne Endverbleibskontrolle
Nach einer Untersuchung von Unterlagen des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit (BMZ) haben es die Gesellschaft für internationale Zusammenarbeit (GIZ) und die Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) bei der Vergabe von Entwicklungshilfe im Gaza-Streifen an der notwendigen Sorgfalt mangeln lassen. Beim Bau von Raketen und Tunneln der Terrororganisation Hamas sind Material, Fachkenntnis und Logistik eingesetzt worden, wie sie nach Recherchen der ARD auch für deutsche Entwicklungshilfeprojekte verwendet wurden. Rohre, Kanalringe, Stahl und Zement können sowohl zivil als auch terroristisch verwendet werden („Dual Use“). Die ARD hatte vom Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit (BMZ) nach Monaten über das Informationsfreiheitsgesetz die Herausgabe von 150 Seiten Akten erreicht und untersucht.
• Finanzierung von PFLP-Vorfeldorganisationen in den Gebieten
Israel hatte sechs und später zwei weitere auch mit Bundesmitteln unterstützte palästinensische, der Terrororganisation PFLP nahestehende Organisationen als Terrorfinanzierer und somit als Terrororganisationen eingestuft. Die israelische Organisation NGO-Monitor hatte deutsche Stellen in Berichten über Jahre hinweg vor den Verstrickungen dieser Organisationen gewarnt. Viele Fachleute haben Deutschland wegen seiner fortgesetzten Finanzierung kritisiert. Trotzdem hielten deutsche politische Stiftungen und das Auswärtige Amt lange an der Finanzierung fest. Das Bundesinnenministerium machte klar, dass die Finanzierung dieser terroraffinen Organisationen problematisch ist. Die DIG hatte sich immer wieder für den Stopp dieser Zahlungen ausgesprochen.
• UNRWA: Fehlkonstruktion, Friedenshindernis und Terrorförderer
Auch hinsichtlich der UNRWA ist ein Umdenken in Brüssel und Berlin erforderlich. Wer weiter an der UNRWA-Finanzierung festhält, finanziert die Verstetigung des Konflikts und investiert nicht in seine Lösung:
Es braucht keine zwei Flüchtlingswerke der Vereinten Nationen, eines für alle Flüchtlinge dieser Welt, den UNHCR, das sich um Integration der Flüchtlinge in den Aufnahmeländern kümmert, und eines für die Nachfahren der Flüchtlinge und Vertriebenen des israelischen Unabhängigkeitskrieges, das eine Eingliederung verhindert; UNHCR ist mit knapp über 20.000 Mitarbeiter für 110 Millionen Flüchtlinge zuständig, UNRWA betreut mit ca. 30.000 Mitarbeitern 6.7 Millionen Klienten. Das ist nicht im Lot. Deshalb spricht sich die DIG seit vielen Jahren gegen eine Weiterfinanzierung dieses Sonderhilfswerkes aus. Der 7.10. hat diese Frage nur akuter gemacht:
Der offizielle Bericht von Catherine Colonna enthält keine substantielle Untersuchung und Aufarbeitung der Verstrickungen der UNRWA mit der Hamas und dem Massaker vom 7.10.. Er kann nicht als Beleg für die Unbedenklichkeit der UNRWA herangezogen werden. Informationen, die von Israel und NGOs der Kommission zur Verfügung gestellt wurden, wurden im Bericht weder berücksichtigt noch bearbeitet. Der Ansatz des Koalitionsvertrages, bei der UNRWA mit einem „unabhängigen Monitoringprozess [zu] unterstützen, um Fehlentwicklungen entgegenzuwirken”, muss als gescheitert angesehen werden. Eine Reform des UNRWA über die UN-Generalversammlung hat keine Aussicht auf Erfolg. Wir können aber nur entscheiden, ob wir weiter dieses friedensschädliche Werk finanzieren. Wir sagen: Schluss mit der Finanzierung der UNRWA!
Unter Ausstieg aus der UNRWA-Finanzierung verstehen wir:
Zügiger Umstieg der Leistung der humanitären Hilfe für die Menschen in Gaza über andere UN-Agenturen wie UN OCHA, World Food Programme (WFP), WHO, UNICEF oder internationale Hilfsorganisationen wie das Internationale Komitee vom Roten Kreuz.
Sofortiger Ausstieg aus der Entwicklungshilfe über die UNRWA und Umwidmung der Mittel für die Integration der Kinder und Kindeskinder der palästinensischen Flüchtlinge von 1948. Sie sollen über die Aufnahmestaaten, PA oder andere UN-Agenturen wie UNICEF oder Hilfsorganisationen vergeben werden.
Es gibt keine Alternative zum Leisten von humanitärer Hilfe. Aber wer keine Alternative zur UNRWA sieht, verfolgt eine politische Agenda. Sich wiederholende Finanzskandale und die Verbindung zu terroristischen Strukturen erschüttern das Vertrauen in UNRWA zutiefst.
Außerdem erwarten wir, dass die verantwortlichen Ressorts unter Einbeziehung unserer Sicherheitsbehörden und in Abstimmung mit den israelischen Partnern neue Controlling- Mechanismen für Vergabe und Endverbleib von allen Entwicklungshilfeleistungen in der Region entwickeln und umsetzen.
BREMER ERKLÄRUNG – Hauptversammlung DIG e.V. 08./09.06.2024