Wo ist der Ausweg aus dem Konflikt: Zwei.Staaten.Lösung. ?

Neben und nach dem militärischen Sieg über die Hamas stellt sich die Frage, ob und ggf. wie der Konflikt politisch gelöst werden kann. Aus den Außenministerien von Washington, Paris und Berlin kam nach dem 7.10. der Ruf nach der Zweistaatenlösung. So weit entfernt wie nach dem 7.10.2023 erscheint die Zwei-Staaten-Lösung noch nie. Das Massaker der Hamas, seine Unterstützung durch palästinensische Zivilisten und die uneindeutige Haltung von Palästinenserpräsident Abbas hierzu hat zumindest zunächst jede Vertrauensbasis zerstört.

Dennoch muss weiter darüber nachgedacht und diskutiert werden, wie die palästinensische Bevölkerung in den Gebieten, also im Gazastreifen und im Westjordanland, zu ihrem Recht auf Entwicklung einer Zukunft und zur Verwirklichung ihrer bürgerlichen und politischen Rechte gelangen kann.
Die Deutsch-Israelische Gesellschaft wird sich an der Diskussion darüber auch aktiv beteiligen.

Die erste Aufgabe wird eine Nachkriegsordnung für Gaza ohne Hamas und andere Terrororganisation sein. Dafür werden unterschiedliche Modelle wie etwa aus den Übergangsadministrationen und -regelungen nach den Kriegen des zerfallenen Jugoslawiens genannt, um eine von Palästinensern getragene Hamas-ferne Ordnung aufzubauen.

Landläufig wird der Ruf nach der Zweistaatenlösung mangels anderer Vorschläge auch als Platzhalter oder semantischer Container für eine Absage an den Status quo der letzten Jahre, als Regelung auf Dauer und als Unterstützung für die Rechte der Palästinenser:innen in den Gebieten verstanden. In diesem Sinne unterstützt die Deutsch-Israelische Gesellschaft die Zweistaatenlösung. Sie wird allerdings nicht der nächste politische Schritt sein, der auf den jetzigen Gaza-Krieg folgt. Eine Zwei-Staaten-Lösung setzt voraus, dass auch eine breite gesellschaftliche Mehrheit der Palästinenserinnen und Palästinenser sich eine friedliche Nachbarschaft zweier Staaten wünscht.

Eines ist auch gewiss: Der arabisch-israelische Konflikt und auch die palästinensische Frage werden nicht in Berlin gelöst oder entschieden; weder am Werder’schen Markt noch in der Littenstraße.

Wir werden am Ende jede politische Lösung unterstützen, die Israel mit seinen arabischen Nachbarstaaten und Vertreter:innen der Palästinenser:innen erreicht. Und wir wollen eine Lösung, die das Blutvergießen beendet, die die enormen Sicherheitskosten des Konfliktes reduziert und so die Chancen auf Prosperität und Frieden für beide Völker verbessert.

Voraussetzung jeder politischen Lösung ist eine verlässliche Antwort auf die Sicherheitsfrage: Es muss gewährleistet sein, dass Israel durch eine Lösung nicht unsicherer wird und sich die Angriffe auf Israel von 1948, 1967, 1973 … oder auch 2023 und 2024 nicht wiederholen werden und können. Wer eine politische Lösung des Konfliktes will, muss an einer Antwort hierauf arbeiten.

Das Volk von Israel hat immer wieder gezeigt, dass es zu einer politischen Lösung nach dem Motto ‚Land für Frieden‘ bereit war: 1982 mit dem Rückzug aus dem Sinai, 2000 mit dem Abzug aus dem Süden des Libanons oder 2005 mit dem Rückzug aus dem Gazastreifen. Aber Sicherheit muss mehr sein als Paperwork; das sollten alle internationalen Akteure aus dem Budapester Memorandum und des wiederholten Überfalls Russlands auf die Ukraine gelernt haben.

Deutschland kann einen Beitrag leisten, die Gewalt zu mindern und verhandlungsfähige Perspektiven zu stärken,

  • indem wir keine Anstachelung und Aufwiegelung zu Terror (UNRWA, palästinensische Terrorvorfeld-(PFLP)organisationen, Terror- und Märtyrerrenten der PA etc.) mehr finanzieren,
  • indem wir Illusionen über die Substanz eines Friedensschlusses (Grenzen von 1967, Rückkehrrecht für die Nachfahren der Flüchtlinge) ausräumen statt sie zu nähren, indem wir mit positiven Angeboten an beide Seiten Bewegung in die festgefahrene Situation bringen.

Hier sehen wir als DIG einige politische Aufgaben für Diplomatie und Politik:

  • Es braucht ein Framework für Israels Sicherheit. Hier müssen die ehemaligen Besatzungsmächte von Westjordanland und Gazastreifen, Jordanien und Ägypten, ergänzt womöglich um Saudi-Arabien, eine aktivere Rolle übernehmen, da es keine vertrauenswürdige und stabile palästinensische Kraft gibt, die eine Sicherheitsvereinbarung durchsetzen kann, selbst wenn sie es wollte.
  • Es braucht politische Unterstützung und Anreize für Flexibilität der potentiellen Partner.
  • Es braucht ökonomische Anreize für einen Friedensschluss. Bisherige Ansätze dazu über gemeinsamen Wohlstand zu einer langfristigen Verbesserung des Lebens des palästinensischen und des israelischen Volkes zu gelangen, begrüßen wir.

Einige Allgemeinplätze müssen dafür in Frage gestellt werden:

  • Die Grenzen von 1967 können Ausgangspunkt von Verhandlungen, aber nicht deren Ergebnis sein. Warum sollten das Jüdische Viertel von Ostjerusalem und ha-Kotel ha-Maʿaravī (Westwand), das höchste jüdische Heiligtum unserer Zeit, an einen palästinensischen Staat gehen? Von dort wurden Jüdinnen und Juden im Unabhängigkeitskrieg 1948/49 vertrieben.
  • Warum sollte es völlig undenkbar sein, dass Jüdinnen und Juden auch außerhalb Israels unter arabisch-palästinensischer Herrschaft sicher leben können? In Israel leben auch Muslime, Christen, Baha’i, Drusen und Araber mit gleichen Rechten wie Juden als Staatsbürger.
  • Warum sollte jede jüdische Siedlung im Westjordanland völkerrechtswidrig sein, obwohl Juden aus dem Westjordanland von den Jordaniern vertrieben worden waren?
  • Warum geht es beim Thema Flüchtlingsfrage allein um arabische Flüchtlinge aus Israel? Die Entschädigung der arabischen Flüchtlinge aus dem Unabhängigkeitskrieg aus Israel muss im Zusammenhang mit einem Ausgleich für die jüdischen Flüchtlinge aus der arabischen und muslimischen Welt nach Israel geregelt und verhandelt werden.