Logo der Deutsch-Israelische Gesellschaft e.V. Arbeitsgemeinschaft Erfurt

DIG e.V. Erfurt: Stellungnahme zu Albrecht Schröter

Stellungnahme zu den Aussagen von Albrecht Schröter in Bezug auf Israel und den Nahost-Konflikt

Bereits seit Jahren geben die Aussagen und das Verhalten des Jenaer Oberbürgermeisters Dr. Albrecht Schröter in Bezug auf Israel und den Nahost-Konflikt Anlass zur Sorge und Kritik. 2012 unterstützte Schröter etwa die antiisraelische Kampagne „Besatzung schmeckt bitter“ der katholischen Friedensbewegung Pax Christi und damit den Boykott israelischer Waren. 2015 schlug Schröter Deutschland vor, „aus seiner vornehmen Zurückhaltung gegenüber Israel als Besatzerstaat“ herauszutreten.
Wiederholt haben sich Parteikollegen, Jusos, die Jüdische Landesgemeinde und nicht zuletzt auch die Deutsch-Israelische Gesellschaft (DIG) mit diesen Aussagen beschäftigt und die darin transportierten antisemitische Ressentiments problematisiert. Mehrfach haben die genannten Akteure weiterhin versucht, im gemeinsamen Gespräch mit Herrn Schröter Positionen zu erreichen, die sich mit der Angelegenheit differenziert auseinandersetzen und so einseitige, vorurteilsbeladene Zuschreibungen beenden.

Gleichwohl sprechen die Handlungen von Herrn Schröter seit 2012 nicht für eine Bereitschaft zur vorurteilslosen Differenzierung. Vielmehr müssen wir feststellen, dass die Aussagen in ihrem antisemitischen Gehalt zunehmen. Jüngstes Beispiel dafür ist der Beitrag von Albrecht Schröter am 27. Mai 2017 anlässlich des Thementags im Evangelischen Gemeindezentrum Berlin-Marzahn-Nord unter dem Titel „50 Jahre israelische Besatzung – Wir dürfen nicht schweigen“. Wieder trat Schröter an das Podium um über eine Kennzeichnungspflicht von Produkten aus den Siedlungen und „vielleicht sogar das Verbot einer Einfuhr“ laut nachzudenken. Wieder forderte er die deutsche und europäische Außenpolitik auf, dass Assoziierungsabkommen zwischen Israel und der EU auszusetzen. Und wieder vereinfachte er den Konflikt ausschließlich zu Lasten Israels.
Am Rednerpult in Berlin, sowie im Interview mit dem „Palästina-Journal“ (Ausgabe 11/2016), wird ferner deutlich, dass sich Herr Schröter in seiner Meinung unterdrückt sieht. Die berechtigte Kritik an seinen Aussagen bringt er hier in Verbindung mit der „Israel-Lobby“ und bedient sich damit dem klassischen Antisemitismus entspringenden Stereotyp über die umfassende jüdische Macht und Kontrolle, das heute gern auf Israel transferiert wird. Weiterhin versucht Herr Schröter seinen Kritikern u.a. mit der bekannten Drehung beizukommen, er könne nicht antisemitisch sein, weil er sich für eine lebendige Erinnerungskultur in Jena und jüdische Belange einsetzt. Den Charakter dieser Argumentation hat die Forschung mehrfach als semantischen Türöffner für antisemitische Aussagen entlarvt. Das dies auch hier zutrifft zeigt Schröter indem er in seinem Berliner Vortrag mit einem klassischen Bild des sekundären (Antisemitismus nach und wegen Auschwitz) fortfährt und sich selbst als Opfer geriert: „Aber eins lasse ich mir nicht mehr sagen, ich lasse mich nicht mehr mit dem Argument, wir Deutschen hätten die Klappe zu halten wegen des Holocaust, den Mund verbieten. Das mach ich nicht mehr.“

Wir möchten mit der vorliegenden Stellungnahme darauf hinweisen, dass Herr Schröters Perspektive des israelisch-palästinensischen Konflikts nach wie vor von antisemitischen Stereotypen getragen ist. Sie entspricht der „3-D“-Charakteristik, die von Nathan Sharansky zur Identifizierung von auf Israel bezogenen Antisemitismus entwickelt wurde und sich heute u.a. in der Arbeitsdefinition von Antisemitismus der Europäischen Stelle zur Beobachtung von Rassismus und Fremdenfeindlichkeit wiederfindet. Die Merkmale einer vermeintlichen Israelkritik, die Israel dämonisiert, delegitimiert und doppelte Standards verwendet und dadurch antisemitischen Gehalt hat, sehen wir in den Aussagen von Herrn Schröter erfüllt.

Wir bedauern erneut, dass Herr Schröter undifferenzierte Äußerungen tätigt, deren Stigmatisierung gegen Israel eine verzerrte Realität entfalten. Wir setzen uns dagegen für einen differenzierten, vorurteilsfreien Diskurs ein, der es ermöglicht, unterschiedliche Perspektiven wahrzunehmen und in Austausch zu bringen. Wir sind davon überzeugt, dass nur so die Hoffnung auf Frieden im Nahen Osten durch eine Zwei-Staaten-Lösung genährt werden kann.

Gezeichnet durch:
Prof. Reinhard Schramm, Vorsitzender der Jüdischen Landesgemeinde Thüringen
Juri Goldstein, stellv. Vorsitzender der Jüdischen Landesgemeinde Thüringen
Ricklef Münnich, Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft Kirche und Judentum in Thüringen
Dr. Martin Borowsky, Präsidiumsmitglied der Deutsch-Israelischen Gesellschaft
Dr. des. Franziska Schmidtke, Vorsitzende der Deutsch-Israelischen Gesellschaft Erfurt