PRESSEMITTEILUNG: DIG-Präsident Uwe Becker warnt vor Gleichgültigkeit gegenüber Judenhass

Im Vorfeld des Gedenkens an die Verbrechen der Reichspogromnacht vor 81 Jahren erinnert der Präsident der Deutsch-Israelischen Gesellschaft, Uwe Becker, an die Schrecken des 9. November 1938 und warnt vor einer gesellschaftlichen Gleichgültigkeit gegenüber einem stärker werdenden Judenhass.

„Die gesellschaftlichen Narben der Ermordung so vieler jüdischer Familien, Kinder, Frauen und Männer in unserem Land sind bis heute sichtbar. Wer wären heute unsere Nachbarn, Freunde, Arbeitskolleginnen oder Sportkammeraden, wenn nicht Nachbarn an Nachbarn schuldig geworden wären. Der 9. November sollte uns immer Erinnerung und Mahnung zugleich sein. Dieser Tag war nicht der Beginn des nationalsozialistischen Terrors gegen Juden, sondern markierte den Übergang von der Entrechtung, Enteignung und Unterdrückung in den industriell organisierten Massenmord. 1933 lebten im damaligen Deutschen Reich rund 500.000 Juden. Der Nationalsozialismus ist nicht plötzlich über Deutschland hereingebrochen. Es war ein schrecklicher Prozess von einer entmenschlichten Gesellschaft in die absolute Unmenschlichkeit, denn mit den brennenden Synagogen verbrannte auch der Rest an Menschlichkeit in unserem Land. Umso wichtiger ist es, dass wir heute aufmerksam sind und den unterschiedlichen Formen des Antisemitismus entschlossen entgegen treten, vom rechtsradikal motivierten Judenhass über den eher links geprägten Antizionismus, über kulturell begründete Judenfeindlichkeit bis hin zu blindem Israelhass“, so Becker.

„Gewalt gegen Juden gab es schon vor dem 9. November 1938. Bis dahin haben Boykotte, Berufsverbote, Nürnberger Rassegesetze und andere Schikanen Juden das Hierbleiben bereits nahezu unerträglich gemacht. Mit dem 9. November 1938 begann die systematische

Arisierung Deutschlands. Neben den Synagogen wurden gezielt die Geschäfte und Wohnungen jüdischer Bürgerinnen und Bürger nicht nur von SA-Leuten öffentlich geplündert und zerstört. Oftmals haben sich auch nichtjüdische Nachbarn am Eigentum jüdischer Nachbarn bereichert“, führte Becker aus.

„Der Holocaust wurde von Menschen an Menschen verbrochen und er war in seiner unvorstellbaren Dimension möglich, weil zu viele mitgemacht, zu viele weggeschaut und zu wenige dagegen aufgestanden sind, gerade als noch Zeit dafür gewesen wäre. Umso mehr erwächst daraus die Verantwortung, für die Zukunft jüdischen Lebens in unserem Land einzutreten, es zu fördern und zu stärken“, erklärte Uwe Becker.

„Leider beobachten wir 81 Jahre nach der Schreckensnacht von 1938, dass Judenfeindlichkeit in unserem Land, wie überall in Europa, wieder am Erstarken ist und leider findet wieder eine viel zu schnelle Gewöhnung der Gesellschaft an antisemitisches Verhalten, an Judenfeindlichkeit in der Öffentlichkeit, an Schmierereien und damit an die Bedrohung jüdischen Lebens bei uns statt. Dagegen müssen wir als Gesellschaft aufstehen, uns für jüdisches Leben und gegen Antisemitismus einsetzen und dabei ist jede und jeder einzelne gefordert. Der Kampf gegen Judenfeindlichkeit ist keine Angelegenheit der Jüdischen Gemeinschaft, denn Jüdinnen und Juden sind Opfer und Ziel von Antisemitismus. Die gesamte Gesellschaft ist gefordert, denn der Judenhass vergiftet unser gesamtes gesellschaftliches Miteinander“, so Becker abschließend.

 

Berlin, den 8. November 2019